Vor weni­gen Tagen erhielt ich fol­gende Anfrage einer sehr besorg­ten Ange­hö­ri­gen:   „Mein Vater ist 85 Jahre alt und sehr krank. Ich glaube, er wird bald ster­ben. Er ver­wei­gert jede Nah­rung und will auch nicht mehr trin­ken. Ich kann ihn aber doch nicht ver­hun­gern und ver­durs­ten las­sen! Was kann ich tun?“

Kaum etwas erhitzt die Gemü­ter so sehr wie die Nah­rungs­auf­nahme am Ende des Lebens. Essen und Trin­ken ist ein Grund­be­dürf­nis des Men­schen, es ist Vor­aus­set­zung für Leben. Die Vor­stel­lung, dar­auf  frei­wil­lig zu ver­zich­ten, in den Köp­fen der meis­ten mit Angst und Unver­ständ­nis behaftet.

 

Fol­gen des Ver­zichts auf Essen und Trinken

Der Ver­zicht auf Nah­rung und Flüs­sig­keit ist ein Merk­mal des nahen­den Todes. Der Kör­per kann die zuge­führte Ener­gie nicht mehr umset­zen, da die Abbau­pro­zesse sich ver­lang­sa­men oder bereits ganz aus­fal­len. Die jetzt frei­ge­setz­ten kör­per­ei­ge­nen Hor­mone wir­ken wie Opio­ide und dämp­fen den Schmerz. Aus­ge­schüt­tete Endor­phine sor­gen für Pha­sen des Wohl­ge­fühls. Durst­ge­fühl ent­steht, wenn über­haupt, durch das Aus­trock­nen der Mund­schleim­häute. Flüs­sig­keit ist in der ter­mi­na­len Phase des­halb nicht not­wen­dig, aber eine gute Mund­pflege unab­ding­bar. Aller­dings nicht gegen den Wil­len des Pati­en­ten! Öff­net er den Mund nicht, ist es seine Ent­schei­dung, die respek­tiert wer­den muss.

 

Mund­pflege krea­tiv gestalten

Zur Mund­pflege kön­nen Sie alle Dinge nut­zen, die der ster­bende Mensch gerne zu sich genom­men hat z.B. in kleine Eis­wür­fel ein­ge­fro­rene Lieb­lings­ge­tränke oder pürier­tes Obst. Tun­ken Sie ein Stück­chen Mull in ein Glas Bier oder Wein und befeuch­ten die Zunge und den Mun­din­nen­raum damit. Lösen Sie even­tu­elle Bor­ken in der Mund­höhle mit Brau­se­pul­ver (z.B. AHOI-Brause) oder Ana­nas­saft in einer Einwegspritze.

Mochte er gerne But­ter essen, kön­nen Sie sie mit einem Öl aro­ma­ti­sie­ren und damit den Mund aus­strei­chen oder die Lip­pen geschmei­dig hal­ten. Mischen Sie Honig mit Rosen­hy­dra­lat, das wirkt des­in­fi­zie­rend und beugt einer mög­li­chen Keim­bil­dung vor. Mög­lich ist auch, den Pati­en­ten an einer Sala­mi­scheibe lut­schen zu las­sen. Oder fül­len sie kleine Stück­chen Frisch­obst in ein Mull­säck­chen oder einen Frucht­sau­ger. Ihrer Krea­ti­vi­tät sind keine Gren­zen gesetzt und sie wer­den schnell spü­ren, was dem Pati­en­ten gut tut.

 

Ach­ten Sie die Pati­en­ten­au­to­no­mie auch im Sterbeprozess!

Der Ver­zicht auf Nah­rung und Flüs­sig­keit ist ein Zei­chen, dass der Pati­ent in der ter­mi­na­len Phase ange­kom­men ist. Es ist nun Zeit, los­zu­las­sen, so schwer es auch sein mag. Ver­su­chen Sie in die­ser Situa­tion dem Men­schen gegen sei­nen Wil­len etwas Trink­ba­res ein­zu­flö­ßen, bege­hen Sie Kör­per­ver­let­zung. Sie gefähr­den den Pati­en­ten, da er oft nicht mehr schlu­cken kann und die Flüs­sig­keit in die Luft­röhre gelangt. Er kann nicht abhus­ten und erstickt.

Nut­zen Sie die ver­blei­bende Zeit für lie­be­volle Mund­pflege, Nähe und Da-Sein. Sor­gen Sie für eine ruhige Atmo­sphäre, viel­leicht mit lei­ser Musik oder lesen Sie etwas vor. Der Abschied hat unwei­ger­lich begonnen.

Bild­nach­weis: Pix­a­bay, Foto­gra­fin Daria Nepriakhina

 

…dazu pas­sen mein Work­shop: „Essen und Trin­ken am Lebens­ende“ siehe Ter­mine

Marlis Lamers - Kommunikation Wortlos

Als Gefühls­dol­met­sche­rin ist es mir wich­tig zu reden, wo andere schwei­gen. The­men wie Sexua­li­tät in der Pflege, Ekel und Scham dür­fen kein Tabu blei­ben! “Die Angst zeigt den Weg!” ist einer mei­ner Maximen. 

Mit Mut und Hal­tung fin­den wir eine Mög­lich­keit, diese The­men auch in Ihren Ein­rich­tun­gen wert­schät­zend und mit Weit­blick zu behandeln.